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So versuchen sich die Airlines gerne herauszureden.

Außergewöhnliche Umstände

Es ist ziemlich genau geregelt, was diese sind. Wir erklären Ihnen, wann die Airline haften muss. 

Außergewöhnliche Umstände im Flugverkehr

1. Was ist ein außergewöhnlicher Umstand?

Flugverspätungen und -annullierungen sind für Passagiere immer ärgerlich. In vielen Fällen haben Reisende jedoch das Recht auf Entschädigungen nach der Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004. Die Fluggesellschaft kann jedoch von der Pflicht zur Zahlung einer Entschädigung befreit werden, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Doch was zählt als außergewöhnlicher Umstand, und welche Rechte haben Fluggäste in diesen Fällen?

2. Definition außergewöhnlicher Umstände

Eine klare Definition außergewöhnlicher Umstände fehlt in der Fluggastrechteverordnung. Nach EuGH und Erwägungsgrund 14 sind es Vorgänge außerhalb der Kontrolle der Airline – wir erleben das häufig als Begründung der Fluggesellschaft, berechtigte Zahlungen zu vermeiden.

3. Beispiele für außergewöhnliche Umstände

Politische Instabilität, extreme Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, technische Defekte, unerwartete Flugsicherheitsmängel oder externe Streiks sind Beispiele für außergewöhnliche Umstände, die die Durchführung eines Fluges unmöglich machen können. Diese Ereignisse müssen so gravierend sein, dass die Flugstörung selbst bei Ergreifen aller zumutbaren Maßnahmen nicht hätte vermieden werden können.

3.1. Politische Instabilität

Ein Beispiel hierfür wäre, wenn in einem Land plötzliche politische Unruhen, Aufstände oder sogar ein Bürgerkrieg ausbrechen und die Regierung oder die Flugbehörden den Luftraum sperren oder Flughäfen schließen. Dies kann dazu führen, dass Flüge in dieses Land oder aus diesem Land gestrichen oder stark verspätet sind. Ein Beispiel ist die Schließung des Luftraums über der Ukraine nach Beginn des Konflikts im Jahr 2022 oder die Drohnenstörungen 2025.

3.2. Wetterbedingungen als außergewöhnliche Umstände

Wetterbedingungen, die einen sicheren Flug unmöglich machen, zählen in der Regel als außergewöhnliche Umstände. Dazu gehören Blitzschlag, Schneestürme, starker Wind oder dichter Nebel. Besonders kritisch wird es, wenn die Flugsicherung den Start oder die Landung untersagt, da in solchen Fällen die Airline keinen Einfluss auf die Entscheidung hat. Auch wenn die Entscheidung des Piloten oder der Flugsicherung in solchen Fällen maßgeblich ist, muss die Airline nachweisen, dass keine zumutbaren Maßnahmen ergriffen werden konnten, um die Verzögerung oder Annullierung zu verhindern.

3.3. Technische Defekte

Ein häufiger Grund für Probleme im Flugverkehr wie Flugverspätungen oder Annullierungen sind technische Defekte am Flugzeug. Die Rechtsprechung sieht jedoch in den meisten Fällen technische Probleme nicht als außergewöhnlichen Umstand an, da sie zur normalen betrieblichen Tätigkeit der Fluggesellschaft gehören. Ausnahmen bestehen nur, wenn der Defekt durch äußere Einflüsse, wie etwa einen Sabotageakt oder Vogelschlag, verursacht wurde. Besonders komplexe Maschinen wie Flugzeuge sind anfällig für Defekte, doch diese Risiken liegen überwiegend im Verantwortungsbereich der Airline.

3.3.1 Sonderfall Vogelschlag

Eine der wichtigsten Ausnahmen bei technischen Defekten ist der Vogelschlag, der als außergewöhnlicher Umstand gelten kann, aber oft Gegenstand rechtlicher Diskussionen ist. Während einige Gerichte argumentieren, dass Vogelschlag zum betrieblichen Risiko gehört, weil sich Vögel und Flugzeuge den Luftraum teilen, hat der EuGH entschieden, dass Vogelschläge außergewöhnliche Umstände darstellen können, da sie unvorhersehbar sind und außerhalb der Kontrolle der Airline liegen.

3.4. Streiks und Arbeitskampfmaßnahmen

Streiks, sowohl interne als auch externe, können außergewöhnliche Umstände darstellen. Entscheidend ist jedoch, ob der Streik vorhersehbar war und ob die Fluggesellschaft genügend Maßnahmen getroffen hat, um die Auswirkungen zu minimieren.

Interne Streiks, die innerhalb der Fluggesellschaft stattfinden, gelten meist nicht als außergewöhnlicher Umstand, da die Fluggesellschaft dafür verantwortlich ist. Die Fluggesellschaft ist verpflichtet, den Betrieb auch bei Arbeitskämpfen aufrechtzuerhalten.

Externe Streiks, wie etwa von Flughafenpersonal oder Flugsicherungsmitarbeitern, liegen außerhalb der Kontrolle der Airline und gelten daher häufiger als außergewöhnliche Umstände.

3.5. Sicherheitsrisiken

Ein Beispiel für ein Sicherheitsrisiko ist eine Terrorwarnung oder ein Sicherheitsvorfall an einem Flughafen, der zu einer Evakuierung oder Sperrung des Flughafens führt. Wenn etwa am Flughafen London Heathrow eine nicht identifizierte Drohne gesichtet wird, könnte der gesamte Flugverkehr für mehrere Stunden unterbrochen werden, während die Behörden die Lage untersuchen.

4. Zumutbare Maßnahmen der Fluggesellschaft

Selbst wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, kann die Airline verpflichtet sein, nachzuweisen, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Verspätung oder Annullierung zu vermeiden. Dazu gehören beispielsweise der Einsatz von Ersatzflugzeugen, das Umleiten von Flügen oder das Bereitstellen von Ersatzcrews. Ergreift eine Fluggesellschaft diese Maßnahmen nicht, obwohl sie zumutbar gewesen wären, kann sie dennoch haftbar gemacht werden.

5. Die Beweislast

In einem Streitfall liegt die Beweislast für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände bei der Fluggesellschaft. Sie muss detailliert darlegen, welche Umstände zur Annullierung oder Verspätung geführt haben und warum diese nicht durch zumutbare Maßnahmen hätten vermieden werden können. Ein einfacher Verweis auf schlechtes Wetter oder einen technischen Defekt reicht nicht aus. Die Airline muss nachweisen, dass sie alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um den Flug planmäßig durchzuführen.

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6. Ihre Rechte der Fluggäste bei außergewöhnlichen Umständen

Auch wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, haben Fluggäste weiterhin Anspruch auf Betreuungsleistungen. Dazu gehören Mahlzeiten, Getränke, Hotelunterkünfte (falls erforderlich) und der Transport vom und zum Hotel. Die Verpflichtung zur Betreuung entfällt auch bei außergewöhnlichen Umständen nicht. Lediglich der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung oder Entschädigung entfällt in diesen Fällen, sofern die Fluggesellschaft ihrer Beweislast nachkommt.

Fazit

Außergewöhnliche Umstände sind eine Ausnahme von den üblichen Ausgleichsansprüchen nach der Fluggastrechteverordnung. Sie sind streng definiert und müssen von der Fluggesellschaft im Einzelfall bewiesen werden. Politische Instabilität, extreme Wetterbedingungen, externe Streiks oder Sicherheitsrisiken zählen zu den typischen außergewöhnlichen Umständen, während technische Defekte in der Regel nicht darunterfallen. Trotzdem müssen Fluggesellschaften alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen auf die Passagiere zu minimieren. Es ist für Fluggäste wichtig zu wissen, dass ihnen auch bei außergewöhnlichen Umständen Betreuungsleistungen zustehen, selbst wenn eine Entschädigung nicht gewährt wird.

 

Ausgewählte Entscheidungen deutscher Gerichte zum Thema außergewöhnlicher Umstand

Thema Entscheidung
Beschädigung durch Fremdfahrzeug BGH, Urteil vom 24.09.2014, X ZR 121/13: Kollision eines Tankfahrzeugs mit dem Flugzeug ist ein außergewöhnlicher Umstand.
Passagierverhalten EuGH, Urteil vom 11.06.2020, C‑74/19: Gewalttätiges oder aggressives Verhalten von Passagieren gilt als außergewöhnlich.
Drohnen BGH, Urteil vom 10.10.2023, X ZR 123/22: Sperrungen wegen Drohnensichtungen gelten als außergewöhnlich.
Lieferverzögerung durch Zulieferer EuGH, Urteil C-399/24 vom 16.10.2025: Lieferprobleme bei Ersatzteilen durch Dritte gelten als außergewöhnlich, wenn sie nicht vorhersehbar waren.
IT-Systemausfall des Flughafens BGH, Urteil X ZR 109/23 vom 24.09.2024: Technische Störungen in Flughafen-Systemen sind außergewöhnlich, wenn sie nicht durch Airline-Fehler verursacht wurden.
Personalmangel EuGH, Urteil vom 16.05.2024, Az. C-405/23: Personalmangel bei Gepäckverladung kann außergewöhnlich sein.
Streik des eigenen Personals EuGH, Urteil vom 17.04.2018, Krüsemann u.a., C-195/17: Streiks des eigenen Flugpersonals sind i.d.R. nicht außergewöhnlich.
Streik fremden Personals Streiks von Fluglotsen oder Sicherheitspersonal können als außergewöhnlich gelten, da sie außerhalb der Kontrolle der Airline liegen.
Wilde Streiks EuGH, Urteil vom 17.04.2018: Wilde Streiks gelten nicht als außergewöhnlich, da sie durch interne Entscheidungen ausgelöst werden.
Technische Defekte Werden in der Regel nicht als außergewöhnlich angesehen, es sei denn, sie sind auf externe Faktoren zurückzuführen.
Wetterbedingungen Außergewöhnliche Wetterereignisse wie starke Stürme können als außergewöhnlich gelten.
Enteisung Verzögerungen durch Enteisung sind kein außergewöhnlicher Umstand, wenn sie auf organisatorische Fehler zurückzuführen sind.
Konstruktionsfehler EuGH, Urteil vom 22.02.2024, C-385/23 und C-411/23: Versteckte Fabrikationsfehler am Flugzeug sind außergewöhnlich, da sie nicht beherrschbar sind.
Sicherheitsrisiken EuGH, Urteil vom 14.11.2019, C‑159/18: Sicherheitswarnungen (z. B. Bombendrohung) gelten als außergewöhnliche Umstände.
Vogelschlag EuGH, Urteil vom 4.05.2017, C‑315/15: Vogelschlag gilt als außergewöhnlicher Umstand, da er außerhalb des Einflussbereichs der Airline liegt.
Medizinischer Notfall an Bord AG Erding, Urteil vom 03.07.2024, 116 C 1642/23: Medizinische Zwischenfälle während des Fluges sind außergewöhnlich.
Politische Instabilität EuGH, Urteil vom 10.12.2019, C‑595/18: Politische Unruhen oder Grenzschließungen stellen außergewöhnliche Umstände dar.
Flughafen-Sperrung BGH, Urteil vom 24.09.2024, X ZR 136/23: Wenn der Flughafenbetrieb aufgrund technischer oder sicherheitsbedingter Sperrung eingeschränkt ist, liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor.
Ihre Anwältin für Fluggastrechte, Simone C. Braun aus Reutlingen empfiehlt

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